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Unser Quartier in der Dürnbergschule. Das Leben in LinzIm RAD-Lager in RainbachFlucht nach Linz


Also gingen wir in der Früh los bis Freistadt, es war ja nicht allzu weit. Vor Freistadt standen die Russen, Freistadt war in der amerikanischen Zone. Sie wollten uns nicht hineinlassen, da aber meine Mutter ihren Pass bei sich hatte und Geburtsort Wien eingetragen war, fragte er: "Alles Familie? – Ja, also dann passieren." In Freistadt waren so viele Flüchtlinge und viele Bekannte von unserer Heimat. Man fand gar kein freies Plätzchen mehr. Wir kamen unter der Burg wieder in ein provisorisches Lager.
Hier lag fast einer auf dem anderen. Wir waren hier eine Nacht, und als wir uns morgens beim Bäcker um Brot anstellten, hieß es, in ein paar Stunden wird Freistadt von den Russen übernommen, der Amerikaner zieht sich bis Linz zurück. Da wir ja kein Gepäck zu schleppen hatten, machten wir uns auf den Marsch nach Linz. Zwei Soldaten, Wiener, wollten auch ihre Entlassungspapiere vom Amerikaner und so schlossen sie sich uns an. Wir hatten Glück, denn beide wussten den besten Weg. Ich glaube, wir gingen einen Tag und eine Nacht, ich kann es nicht mehr wirklich sagen, vom Weltgeschehen wussten wir nicht viel, auch dass Hitler sich inzwischen umgebracht hatte und der Krieg zu Ende war.
Wir kamen über den Haselgraben, hier sah ich Linz zum ersten Mal unter mir liegen und ich meinte damals: "Hier werden wir bleiben, das ist eine große Stadt. Es gefällt mir." Wir kamen nach Urfahr, am Weg durch die Dörfer sah ich zum ersten Mal KZ-Häftlinge auf der Flucht und auch einen Soldaten, den die Deutsche Armee aufgehängt hatte, weil er geflüchtet war.

In Urfahr wollten wir über die Brücke nach Linz, die amerikanischen Soldaten ließen uns aber nicht hinein, da die Stadt überfüllt war. So saßen wir am Straßenrand, wo uns manche Leute von den Häusern etwas zu essen gaben, wir versuchten es immer wieder, leider ohne Erfolg. Auch alle anderen Wege nach Linz zu kommen waren bewacht.

Am späten Nachmittag kam eine ältere Frau mit einem Leiterwagen, blieb stehen und fragte uns, ob wir Flüchtlinge seien. Sie ist eine Geschäftsfrau aus Linz, muss aber jetzt unbedingt nach Steg. Aber wir sollten es doch wieder probieren und dem Posten sagen, sie wäre unsere Tante, hieße Frau König, habe ein Lebensmittelgeschäft in der Bürgerstraße, und wenn sie zurückkommt, nimmt sie uns für einen Tag auf. Sie habe Platz genug. Als also die Ablöse am Brückenkopf kam, versuchten wir es noch einmal, mit der Geschichte von der Tante in Linz. Der amerikanische Soldat muss uns verstanden haben, denn er meinte: "Brave Tante, sieben Personen Essen geben." Und er ließ uns durch. So haben wir endlich Linz unter unseren Füßen, wir fanden die Bürgerstraße, und als die Frau König zurückkam, suchte sie für uns ein Quartier über eine Nacht. Wir waren gerettet. Für uns war Frau König ein rettender Engel.
Es war der 23. Mai.



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"Oberösterreich in der Zeit des Nationalsozialismus"
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