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Berta Schneidergruber, geb. Brunner
erzählte verschiedene G´schicht´n, Tochter Brigitta Doppler schrieb auf

Das 16. Kind
Weltkrieg 1914–1918 u. Kindheitserinnerungen
Kindsdirn
Schulzeit
Das goldene Rössl
D´ Zülli kimmt
Dienst in Linz


Brigitta Doppler, geb. Schneidergruber
Erinnerungen aus meiner Kindheit in Rohrbach und Herzogsdorf.


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KindsdirnDas 16. Kind      Weltkrieg 1914 - 1918
      und Kindheitserinnerungen



Als der Weltkrieg ausbrach, war ich vier Monate alt, die Not wurde noch größer, als Vater einrücken musste. Ich weiß nicht, ob er noch daheim war, als im Juni 1915 meine Schwester Zenzi zur Welt kam. Jedenfalls war er sicher einige Jahre weg und Mutter musste die Familie ganz alleine weiterbringen. Keiner hat ihr dabei geholfen, weder ein Pfarrer noch der Bürgermeister. Im Gegenteil, als der Bürgermeister einmal vorbeiging, hörte Mutter, wie er zu einem anderen sagte: „Die da“ und er zeigte auf unser Haus, „werden einmal alle der Gemeinde zur Last fallen!“ Dann, als alle Kinder selbständig und erwachsen waren und einen Beruf hatten, war sie sehr stolz, dass er Unrecht gehabt hatte.

Wenn ich so nachrechne, müssen während des Weltkrieges mindestens fünf bis sechs Geschwister zumindest zeitweise zu Hause gewesen sein, obwohl die älteren schon im Schulalter bei Bauern oder auch in der Stadt im Dienst waren.

Ich kann mich erinnern, dass meine Schwester Anna bis zu ihrer Eheschließung daheim war und bei der Arbeit half. Als ich mir einmal eine Puppe aus Stoffresten gemacht hatte, nahm Anna sie mir weg und zerriss sie in lauter Fetzen. Ich war natürlich furchtbar wütend und traurig, aber jetzt wundert es mich nicht mehr, dass die älteren Geschwister manchmal auf uns jüngere eifersüchtig waren, denn zuerst mussten sie auf uns aufpassen und dann schon sehr früh aus dem Haus, um uns Platz zu machen, und spürten nicht mehr viel von der Geborgenheit und Wärme eines Elternhauses.

Trotz unserer Armut waren wir immer sehr fröhlich und unbeschwert. Da wir nur einen einzigen Goaßlschlitten besaßen, zogen die größeren Geschwister eines Tages den großen Ziehschlitten aus dem Stadl, weil darauf alle Platz hatten. Ich war etwa zwei Jahre alt und freute mich, dass ich mitfahren durfte. Schon sausten wir los, aber das Gefährt wurde immer schneller und unlenkbarer, bis es beim Nachbarn im Zaun landete. Ich wurde gegen einen Zaunpfosten geschleudert und schlug mir einen Zahn aus. Mutter erzählte mir später, dass man durch die tiefe Platzwunde bis auf das Kiefer sehen konnte. Lange hatte ich ein ganz schiefes, geschwollenes Gesicht, denn einen Arzt konnten sie sich nicht leisten, der die Wunde genäht hätte, aber es blieb nur eine kleine Narbe zurück.

Ein großes Problem hatte ich mit meinen Haaren, die von Natur aus hellblond, gekraust und widerspenstig waren. Wenn sie in der Früh noch so fest geflochten wurden, am Nachmittag kam ich als Zottelbock heim. Mutter schimpfte und an manchem Morgen habe ich geweint, weil sie mich beim Ausfrisieren so riss. Später wurden dann gerade meine blonden, welligen Haare oft bewundert und ich brauchte auch nie eine Dauerwelle.

Einmal, an einem Sonntagnachmittag, saß mein Bruder Franzl weinend auf dem Zaunerberg, weil der Bauer, bei dem er arbeitete, grob zu ihm gewesen war. Ich sah ihn von weitem, ging hin und tröstete ihn. Dann führte ich ihn an der Hand in die Stube, weil er sich nicht hereingehen traute. Mutter gab ihm zu essen, Resi flickte ihm seine Kleidung, aber am Abend schickten sie ihn wieder zurück zum Bauern.


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"Oberösterreich in der Zeit des Nationalsozialismus"
ein wissenschaftliches Großprojekt des Landes

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