Einleitung
Meine Familie
Mein Heimatort Prittlach
Krieg 19391945
Rückzug der Deutschen; Höhlen als Verstecke; Kämpfe. April 1945
Erste Vertreibung
Der Leidensweg nach der Rückkehr nach Prittlach
Zweite Vertreibung
Stationen in Niederösterreich 19451946
Wilhelmsdorf bei Poysdorf
Waltersdorf
Eibistal
Wetzelsdorf
Grosskruth
Zeitzeugenberichte
Publikationen
zur Zeitgeschichte
www.regionalkultur.at
Geschichteclub Stahl
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Wetzelsdorf
Endlich fanden wir bei einer kleinen Bauernwirtschaft, Frau Haas, eine Bleibe in zwei Zimmern, hier aber alle zusammen, zwei Großeltern, meine Eltern und zwei Kinder, Tante und Onkel mit dem Baby und dann mein Onkel, der den Tschechen dann entkommen konnte, also 10 Personen. In einem Raum wurde auf einem Sparherd gekocht und nachts wurden Strohsäcke zum Schlafen aufgebreitet, auch das Zimmer war ähnlich belegt. Ich ging mit meiner Mutter in aufgelassene Depots, wo alte Sammelware für Soldaten noch lag, hier holten wir die "Fetzen" zum Zudecken, Wolle wurde aufgetrennt und für den kommenden Winter 1945/46 gestrickt. Wir gingen im Herbst in die Weingärten zum sogenannten "Afterlesen", das durfte man tun, aber es gingen so viele und man ergatterte selten einige Weintraubenreste. Mein Großvater und Vater waren mit dem Schmuck und etwas gerettetem Geld nach Oberösterreich gewandert und hatten bei Ottensheim bei Linz zwei Pferde gekauft, mit diesen schlugen sie sich, nur nachts gehend, bis zu uns durch, es war eine für damalige Verhältnisse unglaubliche Tat. Es waren die einzigen Pferde in Wetzelsdorf und der Bürgermeister traf auch die Einteilung, wo diese zu arbeiten hatten. Dafür gab es dann Mehl, Schmalz, Milch, kein Fleisch, das hatte niemand.
So gab es doch für das Baby und uns Kinder Milch. Ein Nachbarskind aus Prittlach, der kleine Kurti, starb in Wetzelsdorf nach all diesen Strapazen der Vertreibung. Es gäbe so viele Namen und Schicksale, die noch bekannt sind.
Die ersten Weihnachten 1945 waren so einschneidend, diese werden wohl für immer als die traurigsten Nachkriegsweihnachten für alle Menschen in Österreich und Deutschland in Erinnerung bleiben.
Meine Mutter ging mit uns am Abend in die Kirche, dort wurde das Herbergspiel gesungen. "Wer klopfet an?, oh zwei gar arme Leut, was wollt ihr denn?, oh gebt uns Herberg heut, oh durch Gottes Lieb wir bitten, öffnet uns doch eure Hütten, oh nein oh nein das kann nicht sein, so geht nur fort,ihr kommt nicht rein." Es waren viele Flüchtlinge und Vertriebene in der Kirche , meine Mutter schluchzte und viele andere arme Menschen weinten.
Wir hatten ein kleines Christbäumchen, voll Freude sahen mein Bruder und ich, es gab bunte Papierln darauf, das müsste ein Zuckerl sein. Es war eine einzige Enttäuschung, es waren nur Brotbröckerl drinnen. Der schone Aufputz wurde von einer Brünner Frau, die auch von der Hausfrau aufgenommen worden war, angefertigt. In Wetzelsdorf begann dann unser Schulleben wieder. Ich musste die fünfte Klasse wiederholen, da die Schulen schon ab Anfang März bereits in Prittlach geschlossen wurden.
Wir bekamen nun auf Lebensmittelkarten 1946 bereits gewisse monatliche Zuteilungen, Margarine ein Paket im Monat, etwas Zucker , sehr karg, aber man war darüber schon froh.
Leider wurden wir nun als Familie getrennt. Die Orte hinter der Grenze waren alle hoffnungslos überbevölkert, jeder wollte so nahe wie möglich bei der ehemaligen Heimat bleiben. Die Hoffnung lebte, wir können wieder alle heim.
Außerdem besuchten sich die Menschen gegenseitig in den Dörfern immer sonntags, man nahm lange Fußmärsche in Kauf, um Verwandte, Freunde, Nachbarn wieder zu sehen.
Nun war das alles vorbei. Meine Verwandten kamen teils nach Bayern, Stuttgart, Duisburg, Großeltern dann an den Bodensee. Es vergingen Jahre, bis man sich wieder sah.
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