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Zeitzeugenberichte

Vertrieben 1945 aus Südmähren

Einleitung
Meine Familie
Mein Heimatort Prittlach
Krieg 1939–1945
Rückzug der Deutschen; Höhlen als Verstecke; Kämpfe. April 1945
Erste Vertreibung
Der Leidensweg nach der Rückkehr nach Prittlach
Zweite Vertreibung
Stationen in Niederösterreich 1945–1946
Wilhelmsdorf bei Poysdorf
Waltersdorf
Eibistal
Wetzelsdorf
Grosskruth


Zeitzeugenberichte

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zur Zeitgeschichte


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Meine Familie
Mein Heimatort PrittlachEinleitung

Mein Name ist Brunhilde Nimmerrichter-Mair, geb. am 4.3.1936 in Prittlach, der Ort zählte zum Landkreis Nikolsburg, unweit der Thaya. Heute tschechisch Mikulov, Grenze zu Österreich (Drasenhofen).

Meine Familie stammte aus Nordmähren, es gab den Richterhof, früher wurde dieses Amt von einer Generation zur nächsten weitergegeben, nach Abschaffung dieses Privilegs hieß es "die nit mehr Richter", so entstand der Name.

Mein Urgroßvater war Wagnermeister in Prittlach, die Kinder gingen alle weg vom Dorf, in das nahe Wien. Mein Großvater, Johann, war immer im kaiserlichen Heer Kommandant einer Truppe, stationiert
bis österreichisch Galizien. Von fünf Kindern blieb mein Vater als ältestes von drei Überlebenden, auch Johann, dann Agnes und Karl. Die Kindheit verbrachten sie in Wien, mein Vater in der Kadettenschule Wiener Neustadt, bis zum 18. Lebensjahr, Ende l. Weltkrieg, hatte die Familie durch Zeichnung von Kriegsanleihen alles verloren. Die Kinder hatten einen Musiklehrer, Geige, Klarinette, Zither. Nach dem frühen Tod des Großvaters ging man nach Prittlach, wo die Weingärten und Felder verpachtet waren, nur das Elternhaus diente immer für die alljährlichen Sommerurlaube. Abbrechen der Studien der Kinder, arbeiten ungewohnt als Bauern. Aufbau einer Weinrebschule mit Verschicken der Reben bis Ungarn, Obstanlagen, bei Heirat meiner Eltern waren die 200 Marillenbäume gepflanzt worden, 13 Jahre alt bei der Vertreibung, bescheidener Wohlstand mit zwei Häusern.

Mütterlicherseits war die Familie Hlinetzky Besitzer das Hauses Nr.59, gelegen neben der Pfarrei, es gehörte früher zum Kloster Wellerath, ein altes Haus mit Gewölben und einem Kerker; früher kamen die
Bauern hinein, wenn nicht der Zehent bezahlt wurde. Dieser Kerker diente während der Russenbesatzung vom 19. April bis 28. Mai 1945 meiner Mutter, Tanten, Nachbarsfrauen und Mädchen als Versteck. Das Haus wurde ca. ein Jahr nach der Vertreibung abgerissen, da man
für die Panzer eine gerade Straße brauchte, die Kurve zur Kirche hinauf war zu eng. Für meine Großeltern ein doppelter Schmerz, obwohl sie nie mehr nach Prittlach kamen. Der große Altar mit den Heiligenfiguren, der immer zu Fronleichnam vor das Haus gestellt wurde, kam ins Feuer, es wurden alle christlichen Gegenstände von den Tschechen zertrümmert und verbrannt.
Mein Großvater Friedrich und meine Großmutter Elisabeth, geb. Gross, bewirtschafteten den Bauernhof, die Kinder hießen Maria, meine Mutter, Franz und Raimund. Pferde, Kühe, Schafe, sehr viele Gänse, wie bei allen Häusern im Ort, die auf die dorfeigene Hutweide kamen, Weingärten, Getreidefelder, Obstgärten. Südmähren nannte man in der Monarchie die Obst- und Gemüsekammer von Wien, Luftlinie nur 7o km.

Nicht überlebt haben den Krieg und die Vertreibung mein Onkel Karl, der vermisst in Russland blieb, und meine Großmutter Agnes, die bei der Vertreibung zu Tode kam. Beide, Mutter und Sohn, haben das gleiche Schicksal, wir wissen nicht, wie sie gestorben sind, und auch nicht, wo sie begraben liegen.


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"Oberösterreich in der Zeit des Nationalsozialismus"
ein wissenschaftliches Großprojekt des Landes

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