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Zeitzeugenberichte

Vertrieben 1945 aus Südmähren

Einleitung
Meine Familie
Mein Heimatort Prittlach
Krieg 1939–1945
Rückzug der Deutschen; Höhlen als Verstecke; Kämpfe. April 1945
Erste Vertreibung
Der Leidensweg nach der Rückkehr nach Prittlach
Zweite Vertreibung
Stationen in Niederösterreich 1945–1946
Wilhelmsdorf bei Poysdorf
Waltersdorf
Eibistal
Wetzelsdorf
Grosskruth


Zeitzeugenberichte

Publikationen
zur Zeitgeschichte


www.regionalkultur.at
Geschichteclub Stahl



Eibistal
WetzelsdorfWaltersdorf

Hier waren meine Mutter und wir Kinder bei einer Frau Schoner untergebracht. Mein Vater und Großvater wurden von den Russen eingefangen und für Viehtreibung herangezogen. Dazu ist zu sagen, dass sie schon wieder bis zur tschechischen Grenze gekommen waren, als ihnen eines Nachts die Flucht gelang.

Inzwischen harrten wir im Ungewissen aus. Es gab hier nur die Bauersfrau und eine Magd und zwei kleine Kinder, Mann gefallen. Die Scheune war bereits voll von Brünner Vertriebenen, die hatten alle die Ruhr. Wir hatten strenges Verbot mit diesen armen Kindern zu spielen. Die Frauen versuchten nun täglich in die Weingärten zu gehen oder Erdäpfel anzusetzen, es war dies ein gefährliches Unterfangen, die Russen lauerten ihnen auf, wir Kinder waren immer mit dabei, und die wilden Fluchtläufe waren schon alltäglich. Einmal nachts rüttelten die Russen der- art heftig an der Haustür, alle Frauen waren schon im Vorhaus, nur mein Bruder und ich verkrochen uns unter der Decke. Sie schauten bei den kaputten Fenstern herein, es war keine Glasscheibe intakt, es gab aber Fenstergitter. Als Sie die Gewehre hereinhielten, sprangen wir endlich aus den Betten. Es ging über den Nachbarszaun in den Keller.

Hier bekamen wir immer Hollerstrauben, in Teig getunkte Blüten, die waren so grauslich, bis heute kann ich diesen Geruch nicht ertragen. Es war eine fromme Familie, jeden Tag wurde gebetet vor dem Essen. Das hieß so: "Was angesetzt wird auf den Tisch, das segne unser lieber Herr Jesus Christ, speise uns, Herr, mit deinem Wort, auf dass wir satt werden hier und dort." Bei "hier" und "dort" schaute ich immer nach Essen aus, weil ich nicht den Sinn des Gebetes verstand, wenn es hier und dort nichts zu essen gab.

Einmal fand mein Bruder ein Ei hinter einem Weinkeller, das wurde von meiner Mutter "verlängert", es wurde Mehl dazugerührt. Er bekam dann das Reindl zum Ausessen. Dabei kratzte er so lange, bis meine Mutter zu weinen begann.


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"Oberösterreich in der Zeit des Nationalsozialismus"
ein wissenschaftliches Großprojekt des Landes

Näheres zum Projekt, sowie zur detaillierten Publikationsliste (Stand Oktober 2007) ...