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Wie ich als Elf- bis Zwölfjähriger die Endzeit des
Krieges und die Jahre unmittelbar nach 1945 erlebte

Meine Erinnerungen - Einleitung
Die Kriegs- und Notzeit vor und nach 1945
Was sich damals in Puchenau ereignete
Bomben auf Puchenau
Der große Bombenangriff
Bei der Hitlerjugend
Im Dienste der Gemeindeverwaltung
Die letzten Tage vor Kriegsende
Keine Angst?
Die Besatzungszeit nach dem Einmarsch der Amerikaner
Die letzten Tage im Mai 1945. Wie wir lebten
Die Russen sind da. Die Donau als Demarkationslinie.
Mein Vater war Nationalsozialist


Kunst u. Zeitgeschichte:
Herbert Friedl - Maler,Grafiker; Objekt- und Raumkünstler

Timeline zur Oberösterreichischen Zeitgeschichte 1938

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zur Zeitgeschichte


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Geschichteclub Stahl



Die letzten Tage im Mai 1945 in PuchenauKeine Angst?Die Zeit nach dem Einmarsch der Amerikaner, die Besatzungszeit


So um Ende April ging der Krieg endgültig seinem Ende entgegen. Die Amerika-ner rückten von Ottensheim, also aus dem Westen, heran in Richtung Puchenau nach Linz. Sie beschossen ein paar Tage Linz. Ich kann mich noch genau erinnern. Das Wetter in diesen Tagen war ungewöhnlich schön und sonnig. Mutter hing die Wäsche im Freien auf und ich malte draußen im Garten mit Wasserfarben, während immer wieder Artilleriefeuer donnerte und die Granaten über Puchenau hinweg Richtung Linz heulten. Erstaunlich ist mir bis heute, dass sich offensichtlich niemand vor dem Granatfeuer fürchtete; das ging ja nach Linz hin-ein und über uns drüber. Das dauerte so einige Tage, obwohl aus Linz kein Ge-genfeuer kam und die Amerikaner eigentlich nur noch einzurücken brauchten. Das taten sie dann auch endlich. Wahrscheinlich wollten sie auf Nummer sicher gehen. Der historisch exakte Verlauf der Ereignisse dieser Tage ist übrigens in den Archiven (OÖ. Nachrichten, Landesarchiv usw.) genau aufgezeichnet. Ich will hier nur schildern, wie ich diese Tage erlebte.

Dann kamen die Amis. Endlose Kolonnen von Autos, Mannschaftswagen, Panzern und Panzerspähwagen bewegten sich unten auf der Straße in Richtung Linz. Zum ersten Mal tauchte auch der berühmte Jeep auf. Die Soldaten, darunter auch die ersten Schwarzen, die wir zu Gesicht bekamen, saßen meist zu viert in den offenen Jeeps. Manchmal hatten sie hinten ein Maschinengewehr montiert, das gilt auch für die LKWs und Mannschaftswagen. Auf Anhängern schleppten sie die verschiedenartigsten Kanonen mit. Das war alles wahnsinnig aufregend. Wir hatten die ersten Tage zwar ein wenig Angst vor den fremden Soldaten und betrachteten diese ganzen Kolonnen und das Getriebe auf der Straße aus sicherer Entfernung von oberhalb der Steilstufe. Man konnte hier nur wenige Schritte von unserem Haus entfernt alles von oben sehen ohne selbst allzu nahe heranzumüssen. Die Soldaten trugen saubere Uniformen und waren offensichtlich gut genährt. Sie erschienen in keiner Weise abgekämpft. Ganz im Gegenteil zu unseren Leuten, die in den letzten Tagen noch da waren. Diese machten in abgetragenen, verschlissenen Uniformen einen wirklich erschöpften und ausgehungerten Eindruck. Ein paarmal waren in den letzten Tagen, bevor die Amerikaner einrückten, einige meist leicht verwundete bei uns vorbeigekommen und Mutter hatte ihnen – obwohl wir selber nicht viel hatten – eine warme Mahlzeit, Gemüse und Kartoffeln, sonst hatten wir nichts, verabreicht.

Bei den Amerikanern war das nicht notwendig. Sie waren gut versorgt und all-mählich stellte sich heraus, dass es fallweise Schokolade und Kekse bei ihnen gab. Wir hatten damals wohl die meisten noch nie Schokolade gegessen. So etwas war in den letzten Kriegsjahren nicht mehr erhältlich gewesen. Im Übrigen sagten die Leute ganz allgemein: Gott sei Dank, dass die Amis da sind. Wären die Russen vor den Amis gekommen, so wäre das wohl wesentlich schlimmer gewe-sen. Nicht ganz zu Unrecht, wie die spätere objektive Geschichtsschreibung be-stätigen muss, kursierten über das Verhalten der russischen "Befreier" die wilde-sten Gerüchte. Soweit ich mich erinnern kann, gab es seitens der Amerikaner bei uns keine Übergriffe. Puchenau blieb auch vor Einquartierungen verschont. Nicht so war das in Linz und in Urfahr. Solche Einquartierungen waren für die Wohnungsbesitzer, wie man sich vorstellen kann, keine Freude. Erstens mussten sie ausziehen und zusehen, wo sie blieben, und zweitens benahmen sich nicht alle Soldaten wie zivilisierte Menschen. Wohnungseinrichtungen und Wohnräume waren nach der Räumung meist äußerst sanierungsbedürftig.

Bevor ich nun erzähle, wie dann plötzlich über Nacht so im Sommer 1945 die Amerikaner verschwanden und durch sowjetische Besatzer ersetzt wurden, muss ich noch berichten, wovon wir eigentlich lebten und wie es uns erging.



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"Oberösterreich in der Zeit des Nationalsozialismus"
ein wissenschaftliches Großprojekt des Landes

Näheres zum Projekt, sowie zur detaillierten Publikationsliste (Stand Oktober 2007) ...