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Elisabeth Schimpl – Erinnerungen
Erzählen könnte ich meine Erinnerungen besser als schreiben, aber ich versuche es

Kindheitserinnerungen
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Kindheitserinnerungen
Autorin: Elisabeth Schimpl


Ich wurde 1942 geboren und wuchs auf in Urfahr am Auberg. Meine früheste Kindheitserinnerung hängt mit der Erkrankung an Masern zusammen. Meine Schwester, geboren 1939, und ich kamen aus Bad Hall nach Hause zurück. Das Kinderkrankenhaus war wegen der ständigen Bombenalarme von Linz dorthin ausgelagert worden.
Zum Entsetzen meiner Mutter hatte sich über meinem ganzen Kopf eine damals häufige Krätze gebildet. Da ich sehr viele und dichte Haare hatte, war das ein ziemliches Problem. Kurz entschlossen wurde mir einfach eine Glatze geschoren, mein Gitterbett im Hof in die Sonne gestellt – das war die Heilung!

Meine zweite Erinnerung hängt mit dem Kriegsende 1945 zusammen, als das KZ Mauthausen aufgelöst wurde. Meine Mutter und ich waren allein zu Hause. Meine Mutter hatte auch am Tag das Rollo fast ganz heruntergezogen. Durch einen Spalt sahen wir gestreift angezogene Männer in das Nebenhaus gehen. Meine Mutter sagte sehr ängstlich: "Das sind KZ-ler." Ich fragte: "Was sind KZ-ler?" Meine Mutter, geboren 1908, sagte: "Es sind Verbrecher, doch auch anständige Menschen sind darunter."

Das Leben für uns Kinder – wir waren drei, mein Bruder ist Jahrgang 1932 und war somit der mit Abstand Älteste – war sehr einfach, aber trotzdem auch lustig. Ich jedenfalls habe viele solcher Erinnerungen.

Ein besonderer Tag war immer dann, wenn meine Mutter den Filz vom Schweinebauch zu Schmalz verarbeitete. Beim Auslassen entstanden köstliche Grammeln. Ein Schmalzbrot und warme Grammeln, das wareine Köstlichkeit! Obwohl das Essen einfach war – Hunger hatten wir keinen. Wir Kinder organisierten auch alles, was die Natur uns bot. So erinnere ich mich an die Mostbirnen aus dem Fischer-Garten – das war damals noch ein Bauernhof auf dem Auberg. Zuerst waren sie steinhart, aber nach einigen Tagen wurden sie butterweich und schmeckten köstlich.

Wir besaßen, so wie die meisten Familien damals, einen Volksempfänger. Er stand in der Küche auf einem Stockerl. Wenn am Nachmittag die Kinderstunde angesagt wurde, holte ich mir einen großen Kochtopf, drehte ihn um und benützte ihn als Sitzgelegenheit, dazu noch ein Schmalzbrot und meine Kinderseligkeit war vollkommen.

Der so genannte Hitlerbau – heute Gemeindebau – hatte einen großen Hof. Wir Kinder, mindestens 20 an der Zahl, spielten je nach Jahreszeit die schönsten Spiele: Tempelhüpfen, Schneider leih mir d' Scher, der Plumpsack geht um, in die heiße Suppe greift und vieles andere mehr.

Der Haushalt war damals für meine Mutter schwierig, aber sie war sehr tüchtig: Sie war gelernte Schneiderin und nähte alle Sachen für uns drei Kinder. Die Wäsche wurde in der Waschküche gewaschen, die kleinen Sachen dazwischen auf dem Ofen in der Küche ausgekocht.
Alle alten Sachen wurden immer wieder umgeändert. Ein Wintermantel ist uns allen dreien noch in Erinnerung – ein grauer, schwerer Kotzen. Zuerst trug ihn mein Bruder, für die Schwester wurden die Knöpfe umgenäht und dann trug ich ihn. Darin sind wir einig: Wir hassen diesen Mantel bis heute.

Meine Strümpfe waren so gestopft, dass das ganze Knie nur mehr Stopferei war. Ein Paar Schuhe im Jahr, für Sommer und Winter dieselben. Im Sommer gingen wir zu Hause nur barfuß. Als ich in der Volksschule war, bekamen wir einen Aufsatz mit dem Thema: "Meine Sonntagsschuhe". Was sollte ich schreiben? Ich hatte ja keine! Deshalb log ich: "... sie sind aus Schlangenleder, aber auf der Sohle haben sie ein Loch ...", dies, damit es für die Lehrerin glaubwürdig klingen sollte. Ich denke mir, sie hat bestimmt darüber gelacht.

Unsere Wohnung war zwar 98 m2 groß, aber nur die Küche wurde
beheizt. Die anderen Räume unserer Parterre-Wohnung waren im Winter eiskalt, deshalb spielte sich alles in der Wohnküche ab: kochen, essen, Schulaufgaben machen, spielen, nähen, Radio hören usw.


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"Oberösterreich in der Zeit des Nationalsozialismus"
ein wissenschaftliches Großprojekt des Landes

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