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Kriegsende und Besatzungszeit in Bad Hall

Protokoll eines historischen Tischgesprächs am 8. Jänner 1996
Zeitzeugengespräche im Heimathaus Bad Hall am 3. Februar 1996


Kunst u. Zeitgeschichte:
Herbert Friedl - Maler,Grafiker; Objekt- und Raumkünstler

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Zeitzeugengespräche im Heimathaus Bad Hall am 3. Februar 1996 (3)Zeitzeugengespräche im Heimathaus Bad Hall am 3. Februar 1996 (1)Zeitzeugengespräch im Heimathaus
Bad Hall am 3. Februar 1996 (2)



Wölfel:
Ihr ganzes Leben knüpft sich an das Sonnenheim. Sie ist mit den Eltern 1937 nach Bad Hall gekommen. Dort war ihr Vater Verwalter des Sonnenheims und später war dies Wölfels Ehemann. Die Entstehung des Lazaretts geht auf 1940 zurück. Damals kam eine Sanitätsstaffel von Wels und die errichteten erste Lazarette in Bad Hall: z. B. das heutige Kurhotel (Sanatorium), das heutige Landeserholungsheim (Landschaftliches Krankenhaus), das waren die ersten beiden Lazarette. Diese waren relativ wenig genutzt.

Wölfel hat 1940 in der Körnerschule in Linz maturiert und besuchte einen Handelskurs. Sie war anstelle des Arbeitsdienstes zwei Jahre lang im Lazarett "Sanatorium" als Schreibkraft beschäftigt. Dann erst ging sie aufs Pädagogium. Ab 1.1.1943 übte sie den Beruf als Volksschullehrerin in Bad Hall aus. 1944 hat sie geheiratet und dann einen Sohn bekommen. Zu Kriegsende war sie in Karenz.
Sonnenheim 1941. Lazarett für verwundete Soldaten.

Foto rechts:
Sonnenheim 1941. Lazarett für verwundete Soldaten. Mit Hakenkreuz-
schmuck (Bildquelle: Bilder liegen im Stadtarchiv Bad Hall und ausgestellt im Museum Bad Hall "Forum Hall")



1942 kam auch das Sonnenheim als Lazarett dazu. Der Zivilbetrieb des Sonnenheimes wurde im Goldenen Kreuz abgewickelt. Das Sonnenheim gehörte damals der Pensionsversicherung, nicht wie heute der Gebietskrankenkasse.
Erst 1943 wurde es wirklich schlimm, nach dem Russlandfeldzug und dem kalten Winter. Da wurden Frontsoldaten nach Bad Hall geschickt. Eigentlich war das Sonnenheim im Zivilbetrieb nur für 100 Personen konzipiert. 1944 und 1945 waren 400 Verwundete hier, die in Stockbetten untergebracht waren. Bevor die Verwundeten ein Lazarettbett bezogen, wurden sie im Badebetrieb hinten entlaust.
Wölfel hat mit den Eltern im Sonnenheim gewohnt.
Sie hat eigentlich kaum persönlichen Kontakt mit Verwundeten gehabt. Nach Kriegsende blieben die Soldaten noch bis 1946 im Sonnenheim bzw. den anderen Lazaretten.

1945 war Bad Hall gänzlich überfüllt mit Verwundeten und Flüchtlingen. Zu Kriegsende lagen sie sogar in der Trinkhalle auf Stroh am Boden, weil nirgends mehr Platz war.
Heutige Bad Haller waren hier im Lazarett: Herr Eisenhuber, der verwundet von Lazarett zu Lazarett verwiesen wurde und schließlich hier landete. Er hat Wölfel erzählt, dass nur einmal pro Woche Verband gewechselt wurde und mit Papier-Manschetten verbunden wurde. Auch Sepp Gegenhuber war hier im Lazarett.

Bombenabwurf 1944: am 23. u. 24. Februar
Wölfel war bereits in der Volksschule beschäftigt. Fast täglich um 9.30 Uhr war Fliegeralarm. An diesem Tag unterrichtete sie zwei Klassen – eine am Vormittag und eine am Nachmittag. Um 12.03 Uhr fielen die Bomben, sie beobachtete es vom Fenster des Sonnenheimes aus. Es blieben nämlich alle Uhren stehen. Rund ums Haus fielen die Bomben; dort, wo heute Dr. Hellauer wohnt, fiel eine Bombe.
Insgesamt fielen an den zwei Tagen über 180 Bomben. Es war eine Bombenlinie vom Schwertner bis zum Schnürer, quer durch den Kurpark. Wenn dieser Notabwurf nur 100 Meter weiter östlich gewesen wäre, wäre der Markt Bad Hall ausgelöscht worden.
Niemand dachte an die Möglichkeit, dass Bad Hall wirklich von Bomben getroffen werden könnte, es war nämlich auf jedem Dach das Rote Kreuz aufgemalt. Außerdem war der Bombenabwurf in Bad Hall der erste in Oberösterreich.

Morawek: Gibt dem Heimathaus ein Schwarzweiß-Foto von den Freiwilligen, die die Bombentrichter zugeschüttet haben.

Wölfel:
Ohne Rücksicht darauf, ob die Frauen Kleinkinder hatten oder stillten, wurden sie beordert, die Bombentrichter zuzuschütten.

Wögerer und Fahn:
Meine Frau war auch dabei, Fahns Mutter war ebenfalls dabei.

Fahn:
Fahn erzählt einen Ausspruch über ihre Mutter, als sie mit Schaufeln abkommandiert wurden, zum Zuschütten von Panzergräben oder Bombentrichtern, Graszupfen am Tennisplatz: "Recht geschieht euch, ihr Naziweiber!", so haben die Umstehenden gesagt.
Skizze über die Bombenabwürfe am 23. und 24. Februar 1944

Foto rechts:
Handgezeichnete Skizze von Direktor Barth über die Bombenabwürfe am 23. und 24. Februar 1944 (Bildquelle: Bilder liegen im Stadtarchiv Bad Hall und ausgestellt im Museum Bad Hall "Forum Hall")



Sternberger:
Er war Priesterstudent in St. Gabriel, Mödling bei Wien. Dort wurde ein Gestapo-Spitzel namens Novak (hieß anders, weiß es nicht mehr) eingeschleust, der sich als Flüchtling ausgab und Unterschlupf suchte. Am Abend um 22 Uhr ging er nochmals weg, um sich Zigaretten zu holen. Doch er kam nicht mehr zurück, dafür aber 30 "Grüne Heinrich". Alle wurden gefangen genommen. Sternberger kam nach Dachau, wo er u. a. mit Leopold Figl in einer Baracke war. Er wurde bald darauf ins Emsland, Norddeutschland verlegt, wo die Häftlinge die Schwerstarbeit des Kultivierens des Grenzlandes durchzuführen hatten. Von dort wurde er nach Buchenwald überstellt, dann Esterberg, dort wurde der Kommunistenführer Dellmann ermordet, schließlich nach Weimar und Auschwitz-Birkenau. Dort war die Hölle los.
Sternberger war zusammen mit Karol Wojtyla über neun Monate lang. Schreiben vom Vatikan.

Schreglmann:
Sein Cousin war "wegen politischer Vergehen" (Monarchist) nach Dachau gekommen. Dort wurde er vor die Wahl gestellt, entweder KZ Auschwitz oder Strafkompanie an der Ostfront. Dieser entschied sich für die Strafkompanie, wo er tatsächlich überlebt hatte.

Morawek:
Die Beseitigung der Gegner ist üblich in jeder Diktatur, siehe die DDR.


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Protokoll eines historischen Tischgesprächs am 8. Jänner 1996


"Oberösterreich in der Zeit des Nationalsozialismus"
ein wissenschaftliches Großprojekt des Landes

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