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Rudolph Kloibhofer

Der Österreicher Rudolph Kloibhofer erlebt den
deutschen Einmarsch in die Tschechoslowakei

Zum Projekt: Interviews mit Zeitzeugen in Grein.
Einleitung
Rudolph Kloibhofer über den deutschen Einmarsch in die Tscheslowakei


Kunst u. Zeitgeschichte:
Herbert Friedl - Maler,Grafiker; Objekt- und Raumkünstler

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zum Projekt: Interviews mit Zeitzeugen in GreinEinleitungRudolph Kloibhofer (geb. 1915),
pensionierter Landwirt in der Nähe von Grein


Im August sind wir wieder eingerückt (Neunzehnhundert)achtunddreißig, nach Wels hinauf, da war gerade das erste Welser Volksfest, und wir natürlich müssen da einrücken. Wir wären auch gerne (auf das Volksfest) gegangen, keine Zeit nicht, keine Zeit ...
Und da in so eine Halle, da haben sie gleich aufgerufen, da haben sie die Namen gehabt. Mein Cousin hat sich bei mir immer angehalten. Da haben sie immer geschrien: "Kloibhofer Rudolf; Kloibhofer Franz ..." Da hab ich gefragt, was das für eine Einheit ist. Ja Infanterie! "Meld dich ja nicht, Franz, meld dich ja nicht!" Auf einmal haben sie gesagt, 70 Leute brauchen wir für so eine schnelle Einsatztruppe, vier Panzer und sechs so Fahrzeuge. Da hab ich gleich unterschrieben. Da hat man nicht mehr gehen brauchen, ist ja was wert gewesen. Und wie das war, haben wir gleich verladen müssen, und auf den Bahnhof und sind nach Döllersheim hinuntergekommen (Der Truppenübungsplatz Allentsteig-Döllersheim wurde 1938 im nordwestlichen Niederösterreich angelegt und besteht heute noch. Hitlers Vorfahren stammten aus der Gegend um Döllersheim. Angeblich wollte er durch Absiedlung und Zerstörung dieser Ortschaften die Spuren seiner Vorfahren verwischen bzw. einen Mythos schaffen).

In Döllersheim haben wir in Zelten gewohnt, in die es hereingeregnet hat. Auf mein Bett hat es auch geregnet. Wir haben Übungen gehabt, Infanterieausbildung auch noch ein wenig. Alle Tage sind wir drecknass gewesen. Dann sind wir wieder heim. Von Wels haben wir aber gleich auf Freistadt und auf Wullowitz müssen. Dort sind wir auf der Grenze gelegen. Wenn man das gesehen hat, da hat man sich gedacht, wenn die losschießen, dann ist der Böhm hin. Die Rohre sind gestrotzt, die schwere Artillerie heraus bis in die Liebenau (Gemeinde im Nordosten Oberösterreichs). Alles lauter Militär, na ja, dann haben sie ein Ultimatum gestellt dem Bene_. Bis um Viertel über zwölf Uhr in der Nacht hat er es wissen müssen und dann hat er sich ergeben. Weil das weiß ich noch, da war auf der Grenze ein Wirtshäusl und da sind wir hineingestürmt und da haben wir gesoffen, weil kein Krieg nicht war. Da haben wir fest getankt. Wein und Bier und alles, die Soldaten haben alles getrunken, was es gegeben hat.

Jetzt weiß ich nicht, sind wir Vormittag schon hineingefahren in Wullowitz. Wullowitz, meine ich, heißt’s. Da sind wir die Ersten gewesen, mit den schnellen Truppen. Den Baum haben sie abführen müssen, den Schrankbaum. Weiß nicht, wieso. Das ist irgend so ein ... dings ... gewesen. Den hätten sie ja aufmachen auch können. Sie sind durchgefahren, dass es geschnalzt hat. Dann sind wir hineingefahren, da waren so Dörfer. Ich weiß ja heute nicht mehr, wie die geheißen haben. Da sind die Leute heraußen gestanden – bei uns haben sie auch fest geschrien: "Heil Hitler" – aber die haben nur gebellt. Die haben gebellt vor Freude, die Sudetenländer. Sicher haben die mehr ... dings ... gehabt vom Böhm her, mehr Reibereien. Ich bin der erste Verwundete gewesen. Einen Blumenstrauß hineingehaut ins Auge mit so Dolden. Schnäuztüchl darüber gebunden. Dann sind wir nach vor gefahren, bis auf die Grenze. Ich glaub, bei Krumau (Cesky Krumlov), vor Krumau irgendwo. Da sind dann die tschechischen Offiziere gekommen und haben verhandelt und haben schon die Grenze gemacht. Und wir haben dann schon zusammenpacken können und zurück. Da ist die Infanterie schon nachgekommen zu Fuß. Wir sind dann hinuntergekommen, zuerst sind wir in einem Dorf gelegen, dann in Gratzen (Nove Hrady). Dort ist auch der Generalstab gewesen. Dann haben sie uns versprochen, wir können heimgehen. Das ist halt nichts geworden. Das haben sie hinausgezogen und hinausgezogen. Einige haben schon aufgedreht (sich beschwert). Einer hat Bogner geheißen und einer Mitterwachauer. Die, die von den zehntausend waren, vom alten Heer, vom alten Österreich. Die haben schon ..., die haben sich schon ... Die haben sich krank gemeldet und niemand ist mehr zum Posten stehen gewesen und gar nichts. Damals ist ein gewisser, der Mitterwachauer, der war ein furchtbarer Bsuf (Säufer), der hat 40 Halbe Bier getrunken. Da war was los, lauter so Waschln (dumme Kerle). Die haben gesoffen wie die Bürstenbinder. Dann hat er den Finger hinuntergesteckt und wieder weitergetrunken. Der hat auch bauchreden können, aber gescheit (richtig, ordentlich). Wir haben einen gehabt, einen Obergefreiten Holzinger – was ist denn eh schon ein Obergefreiter – na ja, Gruppenführer ist er gewesen. Der Feldwebel hat Dallinger geheißen, der hat das geführt, das Ganze, ja. Essen haben wir ein gutes gehabt. Wenn man gegessen hat, hat er (der Mitterwachauer) geschrien und der Feldwebel rennt aus dem Zelt und draußen war nichts. Freund, hat der gesponnen! Kaum hat er sich wieder niedergesetzt, hat er schon wieder geschrien draußen. Das hat er können. Das ist interessant mit so einem Bauchredner. Dann hab ich ihm (dem Feldwebel Dallinger) – ich hab ihn auch nicht mögen – ich hab einen Nagel gefunden und wir haben (zur Mahlzeit) so Würste gehabt, und ich hab ihm den Nagel (in die Wurst) hineingeteufelt. So, wie er da schneidet: "Ja, wer hat das getan?" – Keiner meldet sich. Ja, wenn einer frech ist, da helfen alle zusammen. Nichts wie draufgezahlt hat er.

Das Abrüsten ist nie was geworden. Jetzt haben die schon aufgedreht (sind sehr unwillig geworden) und sich krank gemeldet. Das ist interessant, wenn Sie glauben, ein Doktor kann was oder versteht was, das ist nicht wahr! Da hat einer angeblich Nierenentzündung gehabt und hat ihm bringen müssen einen Urin. Hat ein Bier in ein Glasl hinein und hat es dem Doktor gebracht zum Untersuchen. Der Doktor hat gesagt, er hat was irgendwie in der Niere. Also, das heißt alles, wenn es so was gibt. Dass es das gibt! Der hat was herausgefunden vom Bier, hat das nicht gekannt, dass das ein Bier ist. Dann haben wir abgerüstet und sind nach Wels gefahren. KFMG 135 hat die Einheit geheißen, wo ich war. Wie wir die (Entlassungs)papiere gehabt haben, sind wir auf den Bahnhof gelaufen, dass uns nur keiner mehr nachschreit, weil vom Militär wollten wir weg. Ich war ein ganz ein schlechter Soldat, der mehr ruiniert hat als geleistet hat.


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"Oberösterreich in der Zeit des Nationalsozialismus"
ein wissenschaftliches Großprojekt des Landes

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