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Autorin: Elfi Honzik
(geb. 1933)


Ich, Elfi Honzik, bin 1933 geboren und wurde 1939 eingeschult.
Meine erste Kindheitserinnerung war die Verhaftung meines Vaters durch zwei Gendarmen in unserer Küche, bei der ich schrecklich geschrien habe. Ich hatte viele Freundinnen, die auf einmal nicht mehr zu mir kommen durften oder nur heimlich ohne Elternerlaubnis. Da ich so genannte Halbjüdin war, durften meine Schwester und ich keine guten Schulnoten bekommen und wir durften nur die Volksschule besuchen. Meine Schwester fragte unseren Bürgermeister, wann wir endlich den Krieg verlieren würden. Meine Mutter stand deswegen Ängste aus. Ich wollte von meiner Mutter wissen, warum alle meine Freundinnen zur Hitlerjugend durften, nur ich nicht. In der Schul-Mittagspause wurde ich von einer Horde Kinder gejagt, die mir die Schürze herunterrissen und schrien: "Du Judenpinkel!" Mit Angst und Herzklopfen sauste ich heim in die Arme meiner Mutter.

1943/44 begann um die Mittagszeit die Sirene zu heulen und dann begann die Luft zu dröhnen. Es flogen Fliegerformationen über unseren Ort Richtung Deutschland. Drei Bomben fielen auch hinter unserem Haus in die Wiese und alles Fensterglas zersplitterte. Wir saßen auf der Kellerstiege und hatten große Angst. Wir warteten auf die Entwarnung. Meine Schwester und ich mussten voller Widerwilllen zu den Bauern gehen und um Brot und Butter etc. bitten (sprich hamstern).

Der Einmarsch der Amis ging lautlos vor sich. Der Volkssturm hatte Holzbarrikaden aufgebaut, die sinnlos waren. Wir verbrachten die Nacht im Keller, und als wir in der Früh um die Hausecke guckten, patrouillierten Amis mit schwarzer Hautfarbe auf der Straße. Die Hitlerjugend war im Wald verschanzt und schoss auf Aigen herunter, aber nicht lange. In unserem Haus wohnte ein Nazibonze, der mit der Pistole vor sich auf dem Schreibtisch zitterte. Gleich am zweiten Tag nach dem Einmarsch der Amis mussten wir unser Haus räumen. Es war für uns Kinder eher lustig. Wir hausten in der Tischlerwerkstätte unserer Großmutter. Wir schliefen auf und unter den Hobelbänken, und auf dem Leimofen wurde für zehn Leute gekocht. Als die Amis abzogen, konnten wir wieder in unser Haus. Dann kamen die Russen, die wir am Anfang sehr fürchteten, besonders wenn sie betrunken waren. Wir konnten in zwei Räumen wohnen, alles andere hatten die Russen besetzt. Man lebte von der Hand in den Mund. Alles drehte sich ums Essen und woher Schuhe und Kleidung? Wir fuhren mit den Russen im Lastwagen in die Hauptschule nach Rohrbach. Trotz Angst brachten sie uns sicher zur Schule. Kaputte Busse und überfüllte Lastwägen, bei denen die Bordwand ausbrach, waren die Transportmittel. Wir waren 15 Jahre und wir hatten lustige und angstfreie Erlebnisse.
Die Russen zogen ab und es begann ein normales Leben ohne Vater, auf dessen Heimkehr wir noch lange hofften.


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"Oberösterreich in der Zeit des Nationalsozialismus"
ein wissenschaftliches Großprojekt des Landes

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