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20 Jahre Fall des Eisernen Vorhangs


20 Jahre Fall des Eisernen Vorhangs
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Am 11. Dezember 2009 um 10.00 Uhr fand am Grenzübergang Wullowitz die Festveranstaltung "20 Jahre Fall des Eisernen Vorhangs" statt, an der zahlreiche Festgäste sowohl aus oberösterreichischer als auch aus tschechischer Seite teilnehmen: Landeshauptmann Dr. Josef Pühringer und in Vertretung von Kreishauptmann Mgr. Jiri Zimola Kreisrätin Dr. Jana Krejsova, die Zeitzeugen Landeshauptmann a.D. Dr. Josef Ratzenböck und Parlamentspräsident a.D. PhDr. Jiri Vlach, Staatssekretär a.D. Mag. Helmut Kukucka, Landtagspräsident Friedrich Bernhofer, Landeshauptmann-Stv. Franz Hiesl und Landeshauptmann-Stv. Josef Ackerl, die Landesräte Viktor Sigl, Dr. Josef Stockinger und Dr. Hermann Kepplinger, der Botschafter der Tschechischen Republik Dr. Jan Koukal, die Gesandte Mag. Adelheid Folie, 3. Präsident Dipl.-Ing. Adalbert Cramer und Klubobmann-Stv. Ulrike Schwarz sowie der Bischof von Budweis Mons. Jiri Pad'our, Bischof Dr. Maximilian Aichern, Generalvikar von Budweis P. Adolf Pintir, Dechant KonsRat Anton Stellnberger aus Rainbach und Pfarrer David Holzner aus Leopoldschlag.


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Rede zum Festakt von Lh. Dr. Josef Pühringer

Begrüßung:

Nicht nur die Nationalfeiertage von Tschechien und Oberösterreicher liegen knapp beisammen, Südböhmen und Oberösterreicher haben auch einen inoffiziellen gemeinsamen Feiertag. Dieser Feiertag ist heute.

Der 11. Dezember ist der Jahrestag, an dem in Wullowitz mit dem Abbau des "Eisernen Vorhangs" an der 133 km langen Grenze zwischen unseren beiden Ländern begonnen wurde.

Unsere tschechischen Nachbarn haben damals Weltgeschichte mitgeschrieben. Und zwar friedlich und mutig zugleich.

Mutig deshalb, weil in den Herbst- und Spätherbsttagen des Jahres 1989 niemand voraussagen konnte, wie die kommunistischen Machthaber auf die Volksmassen, die ihnen plötzlich die Stirn boten, reagieren würden.

Kurz davor, im Juni 1989 wurde in China deutlich, dass kommunistische Regime bereit sind, jeden friedlichen Protest auf brutalste Weise niederzuwalzen. Wir wissen heute aus historischen Dokumenten, dass in vielen Politbüros des ehemaligen Ostblocks auch über eine sogenannte "chinesische Lösung" intensiv nachgedacht wurde.

Dass die kommunistischen Diktaturen in Mittel- und Osteuropa dennoch weitgehend unblutig zusammenbrachen, gehört zu den vielen glücklichen Wendungen des Jahres 1989.

Für diesen Zusammenbruch haben gerade mutige tschechische Bürgerrechtler den Boden aufbereitet. Die Wurzeln dafür liegen in den 70er Jahren. Damals machten West und Ost bei den sogenannten Schlussakten der KSZE in Helsinki ein großes Tauschgeschäft. Amerikaner und Westeuropäer erkannten die Nachkriegsordnung und damit die Existenz der kommunistischen Diktaturen in Osteuropa an. Umgekehrt verpflichteten sich die Staaten des Ostblocks zur Einhaltung der Menschenrechte.

"Für uns ändert sich durch diese Zusage nichts", sagte damals der sowjetische Außenminister zu seinem Parteichef. Gott sei Dank eine der wohl größten Fehleinschätzungen der letzten Jahrzehnte.

Denn die Menschen in Osteuropa begannen, diese Zusagen bei den Menschenrechten einzufordern. Gerade hier standen die Tschechen etwa mit den Aktivisten der Charta 77 an vorderster Front.

Sie setzten so eine Entwicklung in Gang, die zum Fall des Eisernen Vorhangs 1989 führte. Persönlichkeiten wie Vaclav Havel oder Jiri Dienstbier, die später in hohe Staatsämter aufstiegen, gaben dieser Entwicklung Gewicht und Stimme. Persönlichkeiten wie sie waren hoch angesehen. Im damaligen Westen, im eigenen Land – und interessanterweise sogar bei ihren eigentlichen Gegnern, der kommunistischen Staatsmacht.

Vaclav Havel hat einmal erzählt, dass er einmal regelmäßig kurz vor Feiertagen verhaftet wurde. So auch Ende Oktober 1989. Im Polizeiwagen, der ihn ins Gefängnis brachte wurde er von den begleiteten Polizisten, allesamt kommunistische Parteimitglieder, im Vertrauen gefragt: "Herr Havel, was denken Sie: wie lange werden wir uns noch halten". Wie wir aus der Geschichte wissen, nur noch kurze Zeit. Ende des Jahres war der damals noch inhaftierte Havel Staatspräsident der CSSR.

Ein Beispiel dafür, dass die Geschichte auch in der Lage ist, rasante Wendungen zum Guten zu nehmen. Dazu gehört auch der 11. Dezember 1989, als hier an der Grenze der Stacheldraht vom damaligen Landeshauptmann Ratzenböck und seinem Stellvertreter Karl Grünner gemeinsam mit ihren südböhmischen Amtskollegen durchschnitten wurde.

Für Oberösterreich ein großer Tag. Denn hier nahm eine Entwicklung ihren Ausgang, die uns von einer Randlage Westeuropas wieder in das Herz unseres Kontinents gerückt hat.

Vor allem das Mühlviertel ist zum großen Gewinner des Jahres 1989 geworden. Zuvor musste das Mühlviertel durch die tote Grenze im Norden entscheidende strukturelle Nachteile in Kauf nehmen.

Das hat sich vor allem in der wirtschaftlichen Entwicklung spürbar niedergeschlagen. Gegenüber 1990 sind Beschäftigungszuwächse in sämtlichen Bezirken festzustellen. Besonders groß sind die Zuwächse im Bezirk Urfahr-Umgebung mit mehr als 30 %. Die Arbeitslosigkeit liegt in allen Bezirken des Mühlviertels unter dem Oberösterreichdurchschnitt von 4,7 %. Freistadt 3,0 %, Perg 3,5 % und Rohrbach 2,6 % gehören zu den besten Bezirken nicht nur oberösterreichweit sondern bundesweit.

Das Mühlviertel ist seither auch ein guter Boden für jene, die den Sprung in die Selbständigkeit wagen. Seit 1989 hat sich die Zahl der Unternehmerinnen und Unternehmer im Mühlviertel mehr als verdoppelt.

All diese Entwicklungen haben im Dezember 1989 ihren Anfang genommen. Diese Entwicklung machte das Mühlviertel von einem Grenzland zu einem aufstrebenden Wirtschaftsraum mitten in Europa.

Im Mühlviertel wurde in den vergangenen 20 Jahren aber auch vieles "aufgesperrt". Einige Beispiele von überregionaler Bedeutung sind etwa der Softwarepark Hagenberg mit Fachhochschule. Eine österreichweit einzigartige Kombination aus Bildung, Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft, Oberösterreichs erste Bioschule in Schlägl, die HTL in Perg aber auch – bei unseren tschechischen Nachbarn sehr beliebt – der Ausbau des Schigebietes Hochficht.

Auch unser Nachbar Tschechien wurde zum Gewinner der neuen Situation in Europa, die 1989 geschaffen wurde. Das regionale BIP in Südböhmen verzeichnete jahrelang Wachstumsraten im zweistelligen Bereich. Bei den Arbeitslosenzahlen liegt Tschechien längst auf dem selben Niveau wie die benachbarten bayerischen Regionen Oberpfalz und Niederbayern.

Meine Damen und Herren! Auf die Wende des Jahres 1989 folgten 20 Jahre, in denen unsere Zusammenarbeit in vielen Bereichen immer enger wurde.

Hier erinnere ich nur an das gemeinsam durchgeführte Stifterjahr im Jahr 2005.

Das nächste kulturelle Großprojekt wird 2013 die grenzüberschreitende Landesausstellung "Hopfen, Malz und Cyberspace" im südböhmisch-österreichischen Grenzraum sein.

Wie es unter Wirtschaftsräumen, die ihre Handelsbeziehungen kontinuierlich vertiefen üblich ist, wurden in den letzten 20 Jahren zwischen Oberösterreich und Tschechien die Import- und Exportvolumina sowie die dabei beteiligten Branchen immer mehr. 2009 wird hier krisenbedingt eine Ausnahme sein – aber ich bin davon überzeugt – eine Ausnahme bleiben.

Wir arbeiten in vielen Bereichen in absoluten Zukunftsbranchen mittlerweile seit Jahren eng zusammen und werden es weiterhin tun. Als Beispiel nenne ich hier das erfolgreiche Energiecenter in Budweis.

Meine Damen und Herren! Vor 20 Jahren haben sich die politischen Verantwortungsträger die hier den Stacheldraht durchgeschnitten haben und damit mit dem Abbau des Eisernen Vorhangs begonnen haben, ein Versprechen gegeben:

"Wir wollen gute Nachbarn sein und nie mehr Zäune zwischen uns errichten."

Dieses Versprechen wollen wir heute erneuern und in Zukunft weiter mit Leben erfüllen.

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